Wirtschaftlichkeit

Wollen Sie Gewinnmaximierung?

27. Juli 2020 von Dr. Bernhard Frohn
aktualisiert am 
27. Juli 2020

Alle wollen Rendite! Der Mieter, der Bauunternehmer, die Kapitalgeber und natürlich auch die BOB-Gruppe. Und natürlich geht es allen um Maximierung. Ich will die höchste Rendite, ich auch und ich natürlich auch. Wohin ein solches Denken grundsätzlich führt, zeigt der aktuelle Skandal in den Fleischfabriken in NRW. Hier produzieren die Akteure möglichst billig, senken die Kosten bis es nicht mehr geht. Mitarbeitende werden aus Billiglohnländern akquiriert, werden in lebensunwürdigen Unterkünften „gehalten“ und Corona zeigt uns jetzt, welchen Stellenwert Hygiene oder Privatsphäre dort haben. Keinen.

Billige Bürogebäude

Und denken Sie nicht, dass das Prinzip der maximalen Rendite in der Immobilienwirtschaft und in vielen weiteren Branchen anders wäre. Wie billig Bürogebäude zum Beispiel gebaut werden und wie dabei billige Arbeitsstätten und Büros entstehen, lässt sich täglich bestaunen. Für Mieter oder Käufer ist das in der Regel schwer zu erkennen, denn er oder sie wird durch blumige Beschreibungen des Marketings fehlgeleitet. Beispielsweise preist es Wärmedämmverbundsysteme an, die aber bei genauem Hinsehen ein verklebtes Kunststoffsammelsurium an der Fassade darstellt. Am Ende der Lebenszeit eines solchen Gebäudes kann der Eigentümer diesen verklebten Klumpen nur noch als Sonder-Müll entsorgen. Obwohl es heute schlaue Lösungen gibt, die in 60 Jahren ein Recycling und die Gewinnung von Rohstoffen erlauben würden, entsteht hier nur problematischer Müll, für den dann die Umwelt und nächste Generationen geradestehen müssen. Und warum wird so gebaut? Na klar, diese Lösung ist gnadenlos billig. In solchen Gebäuden setzen diese Bauexperten beispielsweise Energiesysteme ein, die nur auf dem Papier gut funktionieren und Behaglichkeit erzeugen. Und vom Klimawandel haben die noch nie gehört. Immer noch wird Heizöl verbrannt und Erdgas vergeudet. Und schließlich setzen die Billigheimer Baustoffe ein, die sogar die Gesundheit der Menschen im Büro schädigen können.

Skandal auch in der Bauwirtschaft

Auch dies alles ist ein echter Skandal, der deutschlandweit täglich passiert. Was läuft hier falsch? Es ist die Art und Weise, wie die Akteure die Rendite berechnen. Gegen Rendite ist zunächst einmal nichts einzuwenden. Durch Kennzahlen wie die der Rendite können wir ein System messen. Ist es einmal gemessen, können wir es optimieren. Und gegen Optimierung spricht nichts. Allerding muss das Rendite-Ziel das richtige sein. Wenn Sie einen Manager nach Gewinn bezahlen, wird er den Gewinn maximieren, zahlen Sie ihn nach dem Aktienkurs, jagt er mit allen Mitteln den Aktienkurs nach oben und wenn Sie ihn nach einem minimalen ökologischen Fußabdruck vergüten, so wette ich mit Ihnen, dass - ratzfatz - der ökologische Fußabdruck der Produkte sinkt. Letzteres gelingt ohne jeglichen Idealismus. Klingt einfach und ist auch zunächst einmal genau so einfach.

Die Gesellschaft verliert

Das Problem beginnt damit, dass jedes System heute in einem extrem vernetzten wirtschaftlichen Umfeld funktionieren muss. Der Manager, der jetzt fleißig ökologisch optimierte Produkte herstellt, die natürlich nicht so billig sind wie die Produkte des Managers, der die Aufgabe hat, den Gewinn zu maximieren und die Kosten drücken, hat plötzlich Probleme, diese zu verkaufen. Die Käufer, die lediglich ihren Gewinn maximieren wollen, werden lieber das billige Produkt des Managers kaufen, der seinen eigenen Gewinn optimiert. Und nur die Kunden, die ihren Renditerechner schon auf Nachhaltigkeit umgestellt haben, kaufen die Produkte des anderen Managers. Ist das nicht faszinierend? Die Kunden, die ihren eigenen Gewinn maximieren wollen, fallen tatsächlich auf die Produkte des Managers herein, der garantiert alles tut, seinen eigenen Gewinn zu maximieren. Und wie wir oben gesehen haben, gelingt ihm das nur, indem er „schlechte Zutaten“ beim Bau des neuen Büros einsetzt. Die Perfektionierung des Billigen führt in diesem Bereich zu sehr hohen Renditen für einzelne. Die Gesellschaft als Ganzes verliert aber.

Wir brauchen eine Revolution

Und was jetzt? Wir brauchen eine Revolution im Bereich der Kennzahlen und der Renditeberechnung. Rendite sollte nach neuer Sichtweise bei Bürogebäuden die wirklichen Kosten in Euro pro m² ausdrücken. Dabei betrachten wir die Anfangskosten (z.B. Kaltmiete oder Baukosten), die Betriebskosten (z.B. Energie-, Neben- und Instandhaltungskosten) die Kosten für Umweltauswirkungen (z.B. Klimabelastung, Umweltschäden, Ressourcenverbrauch, Recyclingpotenzial etc.) und schließlich die Produktionskosten für die Mitarbeitenden (z.B. Kosteneffizienz durch gesundes Raumklima, Flächeneffizienz oder inspirierende Arbeitsatmosphäre) beinhalten. Das alles zusammen klingt kompliziert und das ist es auch. Fleischerzeugung und Bürogebäude-Bau stellen uns vor dasselbe Problem: Nur wenn wir die Komplexität durch eine ganzheitliche Betrachtungsweise angehen, haben wir die Chance, Fleischskandale in unterschiedlichster Form und auch miese Bürogebäude, die nur im Prospekt chic aussehen, zu vermeiden.

Kleinere Rendite – höherer Gewinn für alle

Dabei haben wir eine Hürde zu nehmen, der wir uns als BOB-Gruppe täglich stellen. Wir im Vorstand müssen den Aktionären der BOB AG erläutern, dass die Dividende je Aktie kleiner sein wird, da wir in zukunftsfähige Systeme investieren. Wir müssen unseren Mietern verdeutlichen, dass die langfristigen Folgekosten eines Bürogebäudes auch durch sie zu zahlen sind: zum Beispiel durch die Vermeidung von Umweltschäden. Wir müssen Investoren gewinnen, die bereit sind, auf eine höhere Anfangsrendite zu verzichten, weil sie sich sicher sind, dass sich langfristig nachhaltige Bürogebäude eine höhere Rendite erzielen. Und wir müssen unsere Planer, Baupartner und Produktpartner davon überzeugen, dass sie im Detail richtig gut sein müssen, dass sie also die besten Leute für dasselbe Geld einsetzen müssen, damit das Ergebnis einfach besser ist.

Neue Taschenrechner sind gefragt

Und soll ich Ihnen etwas verraten, es gibt diese Rebellen und Revolutionäre tatsächlich, die endlich wollen, dass wir die eingetretenen Rendite-Pfade verlassen. Vielen Dank an unsere Mieter, an unsere Investorenpartner, an unsere Planungs-, Bau-, Produktpartner und an unsere Mitarbeitenden, die uns das Vertrauen schenken, einen anderen Weg mit uns zu gehen. Alle haben sich einen neuartigen Taschenrechner angeschafft, bei dem die Renditetaste mit intelligenteren Formeln belegt ist.

Lassen Sie uns die Gewinnmaximierung beenden. Sie wirkt, wenn überhaupt, nur kurz und nur für wenige. Als vernetzte Gesellschaft müssen wir nach einem Optimum suchen, das allen nützt.

BOB Gründer Dr. Bernhard Frohn, Vorstand

Über den Autor Dr. Bernhard Frohn

Schon früh beschäftigte sich Dr. Bernhard Frohn mit dem Unternehmersein. Nach dem Studium des Maschinenbaus an der RWTH Aachen promovierte er im Bereich Photovoltaik und machte sich sofort selbständig. Als Energieeffizienzberater für Bestandsimmobilien und Neubauten verdiente er das erste Geld. Durch den Bau des eigenen Bürogebäudes, dem Balanced Office Building in Aachen, lernte er die Faszination für Architektur aber auch die Komplexität bei dem Bau eines Bürogebäudes kennen. Denn hier spielen nicht nur Themen wie Technik, Gebäudeorganisation oder gar Bauabläufe eine Rolle. Es sind vor allem die Themen des Unternehmertums und der Gestaltung neuer Arbeitswelten, die für Bernhard Frohn aus einem scheinbar simplen Büro eine echte Herausforderung in einer digitalisierten Welt machen. Daher schreibt er auf diesem Blog über ein breites Spektrum an Themen und hat viel Freude daran, neue zu entdecken.