Wirtschaftlichkeit

Immobilien radikal anders...

18. September 2024 von Dr. Bernhard Frohn
aktualisiert am 
18. September 2024

…oder was Sie schon immer über Kombinatorik wissen wollten.

Ich bin mir sicher, dass Sie hier gelandet sind, da Sie intensiv nach einem Artikel über Kombinatorik gesucht haben ;-). Liege ich richtig? Na also. Haben Sie aber bitte keine Sorge, wir tauchen nicht allzu tief in das Thema ein. Da ich aber immer wieder gefragt werde, was denn bei BOB anders wäre, da wir doch so wie andere auch Fenster einbauen oder Geothermie und Photovoltaik nutzen, wollte ich Ihnen einen kleinen Einblick geben, womit sich ein Technologieunternehmen für Immobilien so beschäftigt. Vielleicht wird es also spannend, wir werden sehen.

Was ist eigentlich Kombinatorik?

Das lässt sich an einem Beispiel gut erklären. Stellen Sie sich vor, Sie kaufen ein Auto über einen Konfigurator, bei dem sich 50 Eigenschaften unabhängig voneinander auswählen lassen. Wie viele verschiedene Autos dieses Typs gibt es dann? 1000 oder vielleicht 5400? Die Formel für dieses Thema ist zum Glück ziemlich einfach. Jede der 50 Eigenschaften können Sie auswählen oder auch nicht, es gibt also zwei Zustände je Eigenschaft, 0 oder 1. Die Kombinatorik bestimmt für dieses einfache Beispiel die Formel ZuständeAnzahl Eigenschaften also für unser Beispiel 250 verschiedene Autos. An dieser Stelle kommt dann ein Taschenrechner zur Hilfe, da mein Hirn bei 28 schon heiß läuft. 250 = 1,12 * 1015. Wie bitte? 1015 also 1.000.000.000.000.000 das sind doch 1 Million Milliarden. Das hieße also, dass eigentlich kein Auto desselben Typs zwei Mal herumfährt. Genau das heißt das. Und jetzt wissen Sie, warum Autohersteller Pakete von Eigenschaften schnüren, manche sind da richtig konsequent. Denn letztendlich müssen die 1015 Varianten auch gebaut werden können und wehe es gibt Eigenschaften, die sich gegenseitig beeinflussen und die über Sensoren und Aktoren und über Software verbunden sind, dann werden Sie schier wahnsinnig bei der Prüfung der Kombinationen.

Wer also sein System vereinfachen und resilient machen will, der muss die Kombinationen reduzieren. Und zwar drastisch. Vielleicht verstehen jetzt viele, warum ich so überrascht war, als ich in die Immobilienbranche kam und kein systemisches Vorgehen vorfand. Alleine ein Bürogebäude wird so viele zu kombinierende Eigenschaften haben, dass alle Kombinationen der Anzahl der Atome im Weltall nahekommen dürfte. Das ist kein Scherz, das ist Kombinatorik.

Warum brauchen wir „selbstfahrende“ Immobilien?

Immobilien sind ja ziemlich immobil, daher meine ich im Folgenden mit Fahrweisen die Fahrweisen der technischen Anlagen also Heizung, Kühlung, Lüftung, Beleuchtung, Nutzung des grünen PV-Stroms etc. Das Ziel einer Büroimmobilie ist zum Beispiel, den perfekten Raumkomfort mit minimalem Energieeinsatz und klimaneutral zu jeder Stunde des Jahres zu gewährleisten. Hört sich zunächst sehr logisch und sehr einfach an. Wer sorgt eigentlich bei Immobilien für diese Optimierung? Normale Immobilien werden als Unikat gebaut und dann in Betrieb genommen. Die Techniker definieren Parameter, wie diese Teile heißen, und programmieren die Steuerung. Sensoren messen dann einen Zustand, wie zum Beispiel die Temperatur, und die Steuerung reagiert darauf. Hört sich doch immer noch sehr gut an, oder?

Ok, das Ganze funktioniert bis zur ersten Fehlfunktion und bis zur ersten Nachmessung des Energiebedarfs. Dann fällt allen auf, dass diese Immobilie vorher noch nie so gebaut wurde. Wie gesagt, es wird wahrscheinlich mehr Varianten für Bürogebäude als Atome im Weltall geben. Da die promovierten und habilitierten Planer, die sich das intelligente Konzept ausgedacht haben, zudem schon das nächste Bauvorhaben planen, kommt ein Hausmeister vorbei. Dieser ändert dann die Parameter und wartet ab, was passiert. Irgendwann werden dann Luftauslässe zugeklebt oder Sensoren so abgedeckt, dass sie nicht mehr funktionieren. Häufig überlistet der Hausmeister auf diese Weise das intelligente System und nicht nur einmal haben wir es erlebt, dass der Hausmeister mit dieser empirischen Methode sogar Erfolg hatte. Die Beschwerden hören dann auf, die Nutzer sind zufrieden und auch der Hausmeister ist zufrieden. So manchem Hausmeister würde ein Verdienstorden gut stehen. Das ist nur bedingt ein Scherz, die Kollegen haben tatsächlich mächtig was auszubaden.

Was aber sicher nicht erreicht wird, ist eine energieeffiziente Anlage. Dieser Zufall, dass auch dieses Ziel noch erreicht werden würde, ist höchst unwahrscheinlich, wie Sie gleich sehen werden.

Kombinatorik auf das Raumklima angewandt

Bemühen wir noch einmal die Kombinatorik. Wie viele Zustände gibt es eigentlich zum Thema Raumklima und Energiebedarf für Heizung und Kühlung bei Bürogebäuden? Jetzt kombinieren wir unterschiedliche Einflussfaktoren, die eine unterschiedliche Anzahl an Zuständen einnehmen können. Das sind:

  1. Art der Heizwärmeerzeugung: 3
  2. Art der Kälteerzeugung: 3
  3. Art der Heizwärme- und Kälteverteilung: 3
  4. Anteil der Glasfläche in der Fassade: 10 (in 10 % Schritten gedacht)
  5. Anteil der thermischen Speichermasse: 3 (leichte, mittlere, schwere Bauweise)
  6. Anzahl der Himmelsrichtungen: 4 (Ost, West, Süd, Nord)
  7. Anzahl der Etagen: 5 (jede Etage hat sehr unterschiedliche Solareinstrahlungen)
  8. Anzahl der Jahreszeiten: 3 (Frühjahr und Herbst sind sehr ähnlich und zählen daher einfach)
  9. Anzahl der möglichen Außentemperaturen: 11 (-10 °C bis 40 °C in 5°C Schritten)
  10. Anzahl der Bewölkungsgrade: 3 (leicht bewölkt, mittel bewölkt, stark bewölkt)
  11. Anzahl der relativen Außenluftfeuchten: 6 (30% bis 80 % in 10 % Schritten)
  12. Anzahl der Fälle für die Solarstrahlung: 7 (ich nehme hier das sichtbare Licht, das zwar nicht alleine für die Wärmezufuhr zuständig ist, der Wert ist aber bekannter: 0 Lux bis 30.000 Lux in 5.000 Lux Schritten)
  13. Anzahl der Windverhältnisse: 10 (0 bis 100 km/h in 10 km/h Schritten)
  14. Anzahl der Nutzungsstunden für Bürogebäude pro Tag mit unterschiedlicher Anforderung seitens der Nutzer: 10
  15. Anzahl der BOB-Flächenmodule mit unterschiedlicher Belegung: 60 (Einzelbüro, Doppelbüro, Besprechung, Küche, Co-Creation, offen, geschlossen …)

Ok, machen wir hier einmal einen Punkt, auch wenn uns sicher noch Themen einfallen würden. Wie viele Kombinationen gibt es also alleine zum Thema Raumklima und zum Energiebedarf zur Deckung von Heizung und Kühlung?

Für das Beispiel Raumklima ergeben sich die Anzahl der möglichen Kombinationen als einfache Multiplikation aller oben genannten Zahlen. Also:

3*3*3*10*3*4*5*3*11*3*6*7*10*10*60 = 404,2 Milliarden

Ups. Also auch hier liegt eine unfassbare Komplexität vor. 404 Milliarden Fälle sind allein für das Thema Raumklima zu unterscheiden. Und wie gesagt, wir suchen von diesen Fällen die Fälle, bei denen das Raumklima optimal und gleichzeitig (!) der Energiebedarf minimiert ist.

Natürlich werden viele Fälle ähnlich sein, daher wird sich die Zahl noch reduzieren lassen. Der Traum von der selbstfahrenden Büroimmobilie scheint dennoch ausgeträumt. Systeme wie eine Bauteilaktivierung, die sehr träge sind und damit einmal falsch gefahren über Stunden oder Tage nicht funktionieren, scheinen unmöglich zu sein. Und tatsächlich kennen wir sehr viele Beispiele von Projekten mit Bauteilaktivierung, die schlicht nicht funktionieren. Ab jetzt sollte das niemanden mehr wundern. Als kleine Ergänzung: BOBs haben eine Bauteilaktivierung, es gibt nichts Genialeres zur Wärme- und Kälteverteilung!

Was ist zu tun?

Denken Sie an die Pakete im Konfigurator des Autos. Dieser kleine Trick reduziert die Fälle dramatisch. Wenn Sie also gut geforscht und entwickelt haben, welche Pakete beim Kunden gut ankommen, welche technisch Sinn machen und welche Sie gebaut bekommen, dann sind Sie auf dem guten Weg, ein bezahlbares und resilientes System zu schaffen, das beim Kunden auch noch bestens ankommt.

Nichts anderes macht ein Produkt wie zum Beispiel BOB. Ein Produkt ist die geschickte Reduktion der Vielfalt des Möglichen auf die Fälle, die im Sinne unserer Ziele (Beispiel Raumklimakomfort und klimaneutraler Betrieb) wichtig sind. Dabei werden dem Kunden Freiheitsgrade für seine Entscheidung genommen, die ihm nicht so wichtig sind. Der Lohn sind stabile Eigenschaften wie ein gutes Raumklima, stets klimaneutral und das zu normalen Baukosten.

Und jetzt wissen Sie, warum wir uns trauen, eine Energiekostensicherung abzugeben und warum unsere BOBs bis auf wenige Eingriffe pro Jahr selbstfahrend sind. Das letzte Prozent holen wir uns auch noch.

Und Sie erahnen anhand des Beispiels vielleicht auch, warum wir immer zusammenzucken, wenn andere uns sagen, dass andere doch auch Geothermie und Photovoltaik in ihre Bürogebäude einbauen. Unser Vorgehen ist radikal anders und erzeugt radikal andere Ergebnisse.

BOB Gründer Dr. Bernhard Frohn, Vorstand

Über den Autor Dr. Bernhard Frohn

Schon früh beschäftigte sich Dr. Bernhard Frohn mit dem Unternehmersein. Nach dem Studium des Maschinenbaus an der RWTH Aachen promovierte er im Bereich Photovoltaik und machte sich sofort selbständig. Als Energieeffizienzberater für Bestandsimmobilien und Neubauten verdiente er das erste Geld. Durch den Bau des eigenen Bürogebäudes, dem Balanced Office Building in Aachen, lernte er die Faszination für Architektur aber auch die Komplexität bei dem Bau eines Bürogebäudes kennen. Denn hier spielen nicht nur Themen wie Technik, Gebäudeorganisation oder gar Bauabläufe eine Rolle. Es sind vor allem die Themen des Unternehmertums und der Gestaltung neuer Arbeitswelten, die für Bernhard Frohn aus einem scheinbar simplen Büro eine echte Herausforderung in einer digitalisierten Welt machen. Daher schreibt er auf diesem Blog über ein breites Spektrum an Themen und hat viel Freude daran, neue zu entdecken.