Wirtschaftlichkeit

ChatGPT oder wie KI die Büroarbeit revolutioniert

06. März 2023 von Dr. Bernhard Frohn
aktualisiert am 
06. März 2023

Was habe ich in dieser Woche im Büro gemacht? Ich arbeite im Büro und gehöre damit zu den Wissensarbeitern, denen nachgesagt wird, dass sie denken, kreativ sind und kollaborierend in Teams Neues für eine geniale Zukunft erdenken. Habe ich also in der letzten Woche von morgens bis abends an Lösungen für den Klimaschutz gearbeitet, habe ich unser Geschäftsmodell weiterentwickelt, so dass der Wettbewerb vor Neid erblasst, habe ich mein Wissen an junge Kolleginnen und Kollegen weitergegeben? Oder habe ich etwas die meiste Zeit Dokumente gesucht, Mails gelesen, die bereits an 15 Kollegen verschickt wurden, Aufgaben weiterdelegiert, die nicht für mich gedacht waren, und in stundenlangen Besprechungen gehockt und mich nachher gefragt, warum wir wiederholt dasselbe besprechen?

Wie läuft bei Ihnen der Büroalltag?

Ich möchte ganz frech behaupten, dass wir Wissensarbeitende im Durchschnitt zu 80 % nicht das tun, was wir tun könnten und auch sollten. Das hat viele Ursachen, auf die ich hier nicht alle eingehen kann. Eine Ursache sind aber definitiv Routinetätigkeiten, die nicht so organisiert oder noch besser automatisiert sind, dass sie uns Menschen abgenommen werden. Und entgegen der eigentlichen Fähigkeit von Digitalisierung nehmen Routinetätigkeiten sogar zu, da die Komplexität unseres Tuns zunimmt. Digitalisierung fördert nämlich die Generierung von Wissen und die Wissensteilung und befördert so die sprunghafte Zunahme von Komplexität.

Ein BOB-Bauvorhaben, um ein Beispiel zu nennen, beinhaltet ca. 30 Verträge, wobei alleine der Kaufvertrag Anlagen in Summe von über 1.000 Seiten umfasst. Ein BOB ist ein nachhaltiges Hochleistungsprodukt, bei dem viele Details präzise zu beschreiben sind. Und die Details werden immer mehr, da wir immer mehr wissen und da unsere Kunden immer mehr von unseren Produkten erwarten.

Wer beherrscht noch den Inhalt und die Querbeziehungen von 30 Verträgen und mehreren 1.000 Seiten Dokumenten, DIN-Normen und vielen weiteren gesetzlichen Regelungen, die alle im Kontext und in Beziehung zueinander zu bewerten sind? Wer kennt in den nächsten 48 Monaten die 150 Aufgaben, die aus den Verträgen erwachsen und die hoch kritisch für ein Geschäft sein können? Für Künstliche Intelligenz (KI) ist das alles trivial. KI frisst sich 24 Stunden am Tag und 365 Tage pro Jahr durch Dokumente. Gibt man Künstlicher Intelligenz ausreichend Daten (Deep Learning) oder bei kleineren Datenmengen entsprechende Strukturen (Machine Learning) dann können Sie ihr komplexe Fragen stellen und bekommen tatsächlich in Sekunden kompetente Antworten. Dabei erinnere ich gerne daran, dass die Grenzkosten von Software gegen Null gehen, wenn sie nur oft genug angewandt wird.

Die Befreiung von der Routine

Ich hoffe, dass Sie mir folgen können, wenn ich voraussagen möchte, dass sich die Büroarbeit in den nächsten Jahren deutlich dynamischer als zum Beispiel handwerkliche Berufe oder das Arbeiten in der Industrie durch Digitalisierung oder den Einsatz von Robotern verändern wird und verändern muss.

Warum vermute ich, dass das dynamisch erfolgen wird? KI benötigt Daten und die Anwendung bzw. das Feedback durch die Menschen. Je mehr Daten und Feedback, desto besser wird das Ergebnis, umso mehr wird es angewandt, desto besser wird das Ergebnis, umso mehr… Merken Sie etwas? KI wird sich sprunghaft entwickeln. Nein, ich kann nicht voraussagen, wann es bei der Büroarbeit so weit ist, aber ich bin mir sicher, dass 90 % der Menschen im Büro die KI erst dann wahrnehmen werden, wenn sie schon mitten unter uns ist.

Die KI wird also letztendlich dafür sorgen, dass wir Wissensarbeiter von Routineaufgaben befreit werden uns so dem Titel unseres Jobs zum ersten Mal wirklich gerecht werden.

Disruption und Skalierung

Es handelt sich also um eine Disruption von Routinetätigkeiten und nicht zwangsweise von Büroarbeitsplätzen. Als Konsequenz daraus wird es einen sprunghaften Anstieg der Produktivität geben. Dieser ist eigentlich auch heute schon dringend notwendig, denn Effizienz und Effektivität gehören nicht zu den Sportarten, die wir im letzten Jahrzehnt im Büro trainiert hätten. Es ging uns allen so gut, dass wir uns mächtig ausgeruht bzw. in unseren Routinetätigkeiten eingerichtet haben. Jetzt in drohender Rezession und bei steigenden Kosten entscheiden Effizienz und Effektivität über das Wohl und Wehe eines Geschäftsmodells.

Unternehmer, die sich nicht zügig mit dem Thema beschäftigen, werden von ihrem Wettbewerb überrollt werden, denn deren Produktivität steigt ebenso sprunghaft, wie deren KI sprunghaft lernt. Wir bei BOB haben uns mit ersten Selbstversuchen der Prozessautomatisierung beschäftigt, und sind erst einmal krachend gescheitert. Das Thema ist natürlich nicht einfach und so wie die KI benötigen wir auch eine Lernkurve. Die Probleme sind aber erkannt, der zweite Versuch wird folgen. Bei uns geht es auch nicht darum, dass wir Menschen entlassen wollen. Im Gegenteil wir werden massiv wachsen, aber ich möchte, dass wir uns mit Lösungen für den Klimawandel und für andere große Probleme beschäftigen und keine Tätigkeiten vollziehen, für die eine KI Sekunden benötigt.

Und was machen die Büroimmobilien?

Corona und das Thema Homeoffice und jetzt auch die KI geben die Richtung vor. Büroimmobilien werden sich neu erfinden und die Bürofläche wird massiv sinken können. Wer also heute ein Büro anmietet, sollte einmal prüfen, ob nicht 20 oder 40 % Fläche und damit Kosten einzusparen sind. Bessere und damit teurere Büros und davon aber deutlich weniger, ist der richtige Weg. Ich möchte aber diesem Thema einen eigenen Beitrag widmen, da es eine umfangreichere Würdigung verdient.

Was ist Intelligenz?

Wenn Sie sich jetzt fragen, ob dieser Beitrag von mir oder von ChatGPT geschrieben wurde, so kann ich sie noch beruhigen. Aber schon in Kürze wird der Computer den von Alan M. Turing Ende der 50er (!) Jahre entwickelten Turing-Test bestehen. Dieser besagt, dass bei einer Maschine dann von Künstlicher Intelligenz gesprochen werden kann, wenn ein Mensch den Text einer Maschine nicht mehr von dem eines Menschen unterscheiden kann. Machen Sie den Test bei ChatGPT dann werden Sie sehen, dass Sie es kaum noch unterscheiden können.

Von Intelligenz würde ich aber bei Künstlicher Intelligenz nicht sprechen. Intelligenz ist schließlich die Fähigkeit zu handeln, wenn eigentlich niemand weiß, was wie getan werden soll. Gibt es schon auf Millionen Webseiten Anleitungen und Beschreibungen zu einem Sachverhalt, dann kann die KI diese statistisch auswerten, was sie herausragend und garantiert besser als ein Mensch macht. Wirklich intelligent ist es aber nicht, millionenfach bereits Beschriebenes wiederzukäuen.

KI ist also selbst nicht intelligent und wird es nach meiner Definition auch kaum sein können. KI fördert durch das Befreien des Menschen von Routinetätigkeiten aber dessen Möglichkeit, intelligent zu handeln. Und sollte das das Ziel der KI sein, ja dann ist das ganz schön intelligent ;-).

BOB Gründer Dr. Bernhard Frohn, Vorstand

Über den Autor Dr. Bernhard Frohn

Schon früh beschäftigte sich Dr. Bernhard Frohn mit dem Unternehmersein. Nach dem Studium des Maschinenbaus an der RWTH Aachen promovierte er im Bereich Photovoltaik und machte sich sofort selbständig. Als Energieeffizienzberater für Bestandsimmobilien und Neubauten verdiente er das erste Geld. Durch den Bau des eigenen Bürogebäudes, dem Balanced Office Building in Aachen, lernte er die Faszination für Architektur aber auch die Komplexität bei dem Bau eines Bürogebäudes kennen. Denn hier spielen nicht nur Themen wie Technik, Gebäudeorganisation oder gar Bauabläufe eine Rolle. Es sind vor allem die Themen des Unternehmertums und der Gestaltung neuer Arbeitswelten, die für Bernhard Frohn aus einem scheinbar simplen Büro eine echte Herausforderung in einer digitalisierten Welt machen. Daher schreibt er auf diesem Blog über ein breites Spektrum an Themen und hat viel Freude daran, neue zu entdecken.