New Work

Einfach mal aufstehen!

16. Juli 2021 von Volker Zappe
aktualisiert am 
16. Juli 2021

Neulich hatten wir wieder eine interne Videokonferenz. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches. An diesem Morgen erschienen aber nicht wie sonst die Bilder der mehr oder weniger aufrecht sitzenden Kolleginnen und Kollegen. Nein mehrere Teammitglieder hatten plötzlich eine ganz neue Haltung und schwankten gleichzeitig aber sichtlich leicht hin und her. Was war geschehen? Alkohol im Spiel, Gleichgewichtsstörungen durch Überhitzung im Homeoffice, unerwarteter Wankelmut?

Kollektives Aufbegehren

Es war der beginnende Aufstand bei BOB. Seit kurzem haben einige im Team Aufsatztische für das Arbeiten im Stehen. Offensichtlich ein Frontalangriff auf die Kultur der Gemütlichkeit in Büro oder Homeoffice? Nein, es ist eher die Erkenntnis im Team, dass das fortlaufende Sitzen der dauerhaften Gesundheit im Wege steht. Interessanterweise hat besonders das vermehrte Arbeiten im Homeoffice zu dieser Einsicht geführt. Weniger Wege zu den Kolleginnen und Kollegen, kein Plausch in der Teeküche: Im Homeoffice muss man die Bewegung gezielter angehen, um nicht stundenlang vorm Rechner festzusitzen. Zur Erinnerung: Sitzen ist das neue Rauchen!

Besser gesund als krank

Was hat Sitzen mit Rauchen zu tun? Nichts, aber beides birgt ein hohes Risiko für Erkrankungen! Diesen aufschreckenden Spruch kennt mittlerweile jeder, der im Büro arbeitet: Das Problem beim Sitzen ist neben der geringen Verbrennung von Kalorien, dass sitzend der Stoffwechsel und unser Herz- und Kreislaufsystem nicht richtig in Gang kommen. Erkrankungen des Herzkreislaufes aber auch Stoffwechselerkrankungen wie beispielsweise Diabetes nehmen im Vergleich zu Berufen mit mehr Bewegung statistisch zu. Muskeln generell und das Wirbelsäulen-Gerüst im speziellen leiden. Wir alle kennen umfassende Verspannungen nach langen Sitz-Arbeitstagen, natürlich Rückenschmerzen und Nackenverhärtungen. Und die Beinvenen leiden auch, da sie den Abtransport des Blutes nicht wirklich gewährleisten können, wenn die Muskelkontraktionen des Gehens sie nicht auch mal unterstützen.

Wir werden aber auch müde, wenn wir zu lange sitzen. So schnell können wir gar nicht so viel denken, als dass wir dem Körper signalisierten, jetzt ist gar keine Pause. Somit wirkt sich das übermäßige Sitzen auch negativ auf die Produktivität aus.

Eine neue Dynamik

Was also tun? Aufstehen und dem faulen Körper klarmachen, dass keine Pause ist und alle seine Teile, nicht nur die Maus-Hand und der Denk-Kopf gefragt sind. Die einfachste Methode, um den Aufstand zu proben, ist das Aufstehen und Herumlaufen. Schreiben Sie dem Kollegen drei Büroräume weiter keine E-Mail, sondern laufen Sie doch kurz rüber. Und wenn zur Mittagspause der Abstieg droht, dann ruhig den Aufzug ignorieren und Treppen steigen. Eine weitere wunderbare potenzielle Bewegungszeit ist das Telefonieren. Mobile Empfangsteile vorausgesetzt, suchen Sie sich ein stilles Örtchen für das Telefonat. Und sollten Sie nach der Pandemie wieder im Zweierbüro sitzen, dankt es ihnen auch der oder die Beisitzende, wenn Sie das Gespräch an einem anderen Ort führen. Allerdings: Es gibt leider immer noch sehr viele Büros, die mit solch einer Flexibilität nicht klarkommen. Aber dazu gleich noch mehr.

Teuer ist kein Muss

Aufstehen bzw. das Arbeiten im Stehen muss nicht teuer sein, das hat uns der Umzug ins Homeoffice gelehrt. Denn niemand hat zu Hause den Platz und vor allem das Geld, einen sündhaft teuren, wohlmöglich noch elektrisch höhenverstellbaren, Schreibtisch zu installieren. Was in dem ein oder anderen Büro-Zusammenhang sicherlich sinnvoll ist, ist im Homeoffice meist eher hinderlich. Daher bestechen hier für den lokalen Aufstand Aufsatztische.

Der Aufsatz

Bei BOB sind wir für das Homeoffice auf das Modell des niederländischen Herstellers Upstaa.com gestoßen. Er ist wunderbar einfach auf- und abbaubar und lässt sich in verschiedenen ansprechenden Designs erwerben. Im Handumdrehen wandelt sich der Büro- in einen Stehtisch und sofort kommt es zu der oben beschriebenen Dynamisierung in Videokonferenzen und anderen Arbeitssituationen. Übrigens: Das Stehen erzeugt mehr Körperspannung und führt zu einem ganz anderen „Standing“. Daher empfiehlt es sich, bei wichtigen Gesprächen oder gar problematischen Verhandlungen, aufzustehen und dem Gegenüber auf Augenhöhe zu begegnen …

Die Angebote an solchen Aufsatz-Lösungen sind wirklich sehr vielfältig. Und wer mehr auf das Design von Bügelbrettern steht, findet bei den Online-Händlern dieser Welt Unglaubliches. Weitere Alternativen sind übrigens auch Aufsatztische aus Pappe. Die sind bei vorsichtiger Behandlung auch lange haltbar und danach problemlos recycelbar. Ihr geringes Gewicht sind Vorteil und Nachteil zugleich. Einfach austesten, jeder und jede wird die richtige Lösung finden. Der Aufsatztisch im Büro sollte sich aber an das Design der Möblierung anpassen. Sonst gibt es Kraut und Rüben ….

Mehr Bewegung im Büro

Der Aufsatztisch ist eine feine Sache, löst aber nicht das grundsätzliche Problem alter Bürolandschaften: Es gibt eben keine Rückzugsmöglichkeiten, in die man sich für ein stilles (Privat)-Gespräch mal zurückziehen könnte. Ebenso fehlen Flächen für gemeinsames agiles Arbeiten an Whiteboards oder auch analogen Metaplanwänden. Es ist wichtig, auch beim gemeinsamen Arbeiten Bewegung mit einzubauen. Stundenlanges Sitzen in Besprechungsräumen oder inaktive Teilnahme ohne Bewegung sind auch für das inhaltliche Ergebnis ganz sicher nicht förderlich. Daher benötigen wir neue Arbeitswelten, neue Bürolandschaften, die mit ihrer Raumstruktur und ihrem Mobiliar zu einem bewegten Arbeitstag anregen. Design und Freiraum, Farben und Inspirationen sorgen dafür, dass es nicht nur dem Körper gutgeht, sondern auch das Hirn in Bewegung gerät. Vielfalt statt Monotonie ist dringend gefragt. Und auch der schon sprichwörtliche Kicker könnte seinen Platz im neuen Büro finden. Räume lassen sich vielfältig mit Bewegungsangeboten ausstatten. Wir müssen nur den Gedanken zulassen, dass Büros nicht mehr bloße Verrichtungsstätten für Menschen mit Ärmelschonern und Silodenken in Zellenbüros sind. Sie müssen gerade, wo wir an der Schwelle zu hybriden Arbeitsmodellen stehen, Orte der Kommunikation, der Begegnung und des miteinander Arbeitens werden. Daher lohnt es sich, jetzt nach besseren Büros Ausschau zu halten.

Gute Nachricht zum Schluss

Damit Sie nun nicht in Panik geraten: Ja, Sie dürfen sich auch wieder hinsetzen. Fachleute beziffern die optimalen Stehzeiten auf 60 bis 90 Minuten an einem Arbeitstag. Diese Zeiten lassen sich wie oben schon beschrieben auch in viele kleine Bewegungsstückchen aufteilen. Aus eigener Erfahrung kann ich das bestätigen: Es ist auch für mich das richtige Maß, gerade nach längerem Stehen nehme ich auch gerne wieder Platz.

Was unsere regelmäßigen Videokonferenzen anbelangt, so bleibt das Bild übrigens heterogen: Die einen stehen, die anderen sitzen. Diese Kolleginnen und Kollegen müssen sich dann an anderer Stelle bewegen oder dann doch den Aufstand wagen.

Volker Zappe, Leiter Unternehmenskommunikation der BOB AG

Über den Autor Volker Zappe

Wie können wir Umwelt und Technik so miteinander in Einklang bringen, dass auch künftige Generationen nachhaltig und zufrieden leben können? Und wie gestalten die heute agierenden Menschen ihre Verantwortung für dieses Ziel. Diese Fragen begleiten Volker Zappe bereits seit mehr als drei Jahrzehnten. Zunächst arbeitete er als Ingenieur im Bereich Umwelt- und Landschaftsplanung, danach als Kommunikator und Autor in unterschiedlichen Bereichen. Seit acht Jahren wirkt er daran mit, die wunderbare Idee des Balanced Office Buildings und die damit verbundenen Themen einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen. Er schreibt hier über Nachhaltigkeit und Klimaschutz, neue Arbeitswelten und New Work, über Technikfragen und Wirtschaftlichkeit.