Nachhaltigkeit

Photovoltaik

14. Januar 2022 von Dr. Bernhard Frohn
aktualisiert am 
14. Januar 2022

Wenn ich eine Rangliste der wertvollsten menschlichen Erfindungen erstellen sollte, wäre Photovoltaik auf dem Siegertreppchen. Die Anwendung von Photovoltaik ist zunächst einmal eine Erfindung der Natur. Bäume und Blätter nutzen den Photoeffekt, bei dem Photonen, also Licht, die elektrochemische Umwandlung ermöglichen, bei der Sauerstoff entsteht. Ohne diese Erfindung gäbe es uns gar nicht. Und dass die Natur extrem nachhaltig agiert, sollten wir schon bemerkt haben. Daher sind alle Produkte, die sich an die Natur anlehnen, sehr schlau.

Was mir aber noch an der Photovoltaik gefällt, ist die Einfachheit. Sie können sie in eine Armbanduhr einbauen (natürlich trage ich eine) oder eben mit hunderten von Quadratmetern zum Betrieb zum Beispiel von Bürogebäuden nutzen. Und zuletzt gefällt mir, dass sich bei der Photovoltaik nichts dreht oder quietscht. Ohne jegliche Mechanik ist sie quasi wartungsfrei.

Und dann gibt es noch eine persönliche Verbindung zur Photovoltaik. Sie ist dafür verantwortlich ist, dass ich als Maschinenbauingenieur in der Immobilienbranche gelandet bin. Als ich vor 30 Jahren im Bereich Photovoltaik einen neuen Zellentyp im Rahmen meiner Promotion mitentwickelt habe, musste ich anschließend feststellen, dass dieses Know-how in der Wirtschaft damals nirgendwo gefragt war. Außer im Einfamilienhausbau, denn dort gab es die ersten Anwender, die auch so wie ich den menschengemachten Klimawandel am Horizont sahen. Tja und so kam ich dann in die Bau- und Immobilienbranche und liebe es heute, dieser Branche als Technologieunternehmer viele neue Impulse zu geben. Denn hier gibt es enormen Aufholbedarf.

Photovoltaik für neue BOBs

Wenn ich drei Wünsche offen hätte, dann wäre einer, dass es Pflicht werde, alle Dachflächen mit Photovoltaik zu belegen. Würden allein alle Hausbesitzer ihre Dachfläche vermieten und damit Geld verdienen, dann könnten wir elektrische Energie im großen Stil klimaschonend erzeugen. Bei dieser Maßnahme würden alle gewinnen.

Dem Nachteil, dass die Energieausbeute bei Photovoltaik pro Quadratmeter klein ist, müssen wir mit großen Flächen begegnen. Bei allen neuen BOB-Bürogebäuden ist es für uns selbstauferlegte Pflicht, so viel Photovoltaik zu verbauen, wie unsere Architekten sinnvoll und verträglich integrieren können. Das Sinnvolle der Anwendung von Photovoltaik hat technologie- und systembedingte Einschränkungen bzw. Regeln, so zum Beispiel folgende:

  • Senkrechte Fassadenflächen sind zum Beispiel schlechter als schräg zur Sonne geneigte Flächen nutzbar. Die Energieausbeute bricht bei Photovoltaik deutlich mit dem Einstrahlwinkel ein.
  • Dass die senkrechten Südflächen deutlich besser als die Ost-Westflächen geeignet sind, ist übrigens aus dem oben genannten Grund falsch. Tatsächlich haben West- und Ostflächen aufgrund der dort tiefer stehenden Sonne einen besseren Einstrahlwinkel. Die Tatsache, dass die tiefstehende Sonne allerdings eine dickere Atmosphäre zu durchdringen hat, verringert wieder die Strahlungsintensität und damit den Photoeffekt.
  • Und schließlich ist natürlich immer zu beachten, dass die Photovoltaikmodule das Tageslichtangebot für die Büros zum Beispiel als schräge Fassadenmodule nicht einschränken. Das sieht zum einen schlecht aus und zum anderen verringert diese Lösung den Tageslichtanteil und erhöht somit den Kunstlichtbedarf.

Ich will Sie aber mit dieser Komplexität nicht langweilen. Wir simulieren alle diese Effekte und daher optimieren wir so lange, bis tatsächlich das Optimum für den Klimaschutz erreicht ist. So ganz nebenbei spart das natürlich auch nicht unerheblich Energiekosten.

Viel hilft nicht viel - Vorsicht Greenwashing

Wer jetzt aber meint, man setze einfach so viel Photovoltaik auf die Gebäude, wie möglich ist, und fertig ist das tolle Konzept, der irrt gewaltig. Und genau hier unterscheidet sich wieder Greenwashing von Gebäudekonzepten, die wirklich durchdacht sind.

Die Photovoltaik liefert natürlich immer dann sehr viel elektrische Energie, wenn die Sonne scheint und hoch am Himmel steht. Im Sommer in der Mittagszeit, wenn vielleicht bundesweit die Sonne scheint, dann haben wir schon heute schnell 40 Gigawatt und mehr an elektrischer Leistung alleine in Deutschland verfügbar. Was machen wir mit ihr? Elektrische Energie muss Sekunden nach der Erzeugung „verbraucht“ werden. Es wäre jetzt zu schade, diese Energie nicht abzunehmen. Noch dramatischer ist allerdings die Dynamik in den Stromnetzen. Die Stromnetze bleiben nur dann stabil, wenn Erzeugung und Abnahme in Balance stehen, und wir wollen uns nicht vorstellen, was passiert, wenn unsere Stromnetze demnächst öfter zusammenbrechen.

Also benötigen wir schon auf Gebäudeseite ein intelligentes Energie- bzw. Lastmanagement und auch Speicher. Kein photovoltaisch erzeugtes Elektron soll die Grundstücksgrenze verlassen, das ist die Vorgabe für alle BOBs. Ein energiefressendes Bürogebäude ist hier übrigens klar im Vorteil - seltsame Aussage, oder? BOB, der zum Beispiel gerade im Kühlfall, also im Sommer, durch die Nutzung der Erdkälte sehr wenig Energie benötigt, muss hier ein ausgeklügeltes Konzept haben.

Intelligentes Lastmanagement

Wir entwickeln daher ein eigenes Lastmanagement, das Erzeugung und Verbrauch sekündlich bilanziert. Als Speicher dienen uns Elektroautos und – noch viel besser – die Bauteilaktivierung, mit der wir den BOB heizen oder kühlen. Die Bauteilaktivierung ist in der Lage, unglaublich große Mengen von elektrischer Energie als Wärme oder Kälte zu speichern. Mittels der Wettervorhersagesteuerung, die schon seit Jahren in allen BOBs aktiv ist, weiß jeder BOB, wie der Raumklimabedarf in den nächsten Tagen aussehen wird. Und so ist es möglich, den thermischen Speicher der Gebäudemasse zu nutzen, um dort elektrische Energie einzukoppeln. Vor Jahren haben wir mit diesem Effekt einen internationalen Preis gewinnen können.

Das alles funktioniert ausschließlich durch ständige Datenerfassung und die digitalisierte sowie automatisierte Auswertung der Daten. BOB.i, die Softwarelösung des BOBs, ist auch hier aktiv. So erreichen wir es, dass wir den photovoltaischen Strom im BOB nutzen und nicht die Stromnetze überlasten, die sowieso schon an sonnen- oder windreichen Tagen an der Grenze ihrer Kapazität sind.

Der Photoeffekt und sein Geheimnis

Und für alle diejenigen, die noch tiefer in dieses faszinierende Thema der Photovoltaik eintauchen wollen, empfehle ich einmal die Beschäftigung mit der Physik des Photoeffektes. Wie kann es sein, dass ein masseloses Teilchen, das Photon, ein nicht masseloses Elektron auf ein höheres Energieniveau anhebt. Wie geht das? Die Mechanik lehrt uns, dass das nicht geht. Und so entstand dann die Quantenmechanik und die Quantenphysik, die Albert Einstein den Nobelpreis einbrachten und bei der der Photoeffekt eine große Rolle spielte. Für alle, die zwischendurch ein wenig Zeit erübrigen möchten, empfehle ich YouTube mit den vielen tollen Erklärbären, die Sie zu diesem Thema dort entdecken können.

Ich wünsche Ihnen ein erfolgreiches Jahr 2022!

BOB Gründer Dr. Bernhard Frohn, Vorstand

Über den Autor Dr. Bernhard Frohn

Schon früh beschäftigte sich Dr. Bernhard Frohn mit dem Unternehmersein. Nach dem Studium des Maschinenbaus an der RWTH Aachen promovierte er im Bereich Photovoltaik und machte sich sofort selbständig. Als Energieeffizienzberater für Bestandsimmobilien und Neubauten verdiente er das erste Geld. Durch den Bau des eigenen Bürogebäudes, dem Balanced Office Building in Aachen, lernte er die Faszination für Architektur aber auch die Komplexität bei dem Bau eines Bürogebäudes kennen. Denn hier spielen nicht nur Themen wie Technik, Gebäudeorganisation oder gar Bauabläufe eine Rolle. Es sind vor allem die Themen des Unternehmertums und der Gestaltung neuer Arbeitswelten, die für Bernhard Frohn aus einem scheinbar simplen Büro eine echte Herausforderung in einer digitalisierten Welt machen. Daher schreibt er auf diesem Blog über ein breites Spektrum an Themen und hat viel Freude daran, neue zu entdecken.