New Work

Was denn nun: Home oder Office?

01. Juni 2020 von Dr. Bernhard Frohn
aktualisiert am 
01. Juni 2020

Nach drei Tagen Klagen über ständige Rückenschmerzen und verdrehte Arbeitspositionen hatte ich die Nase voll: Ich begleitete meine Frau in die Stadt zu einem renommierten Büromöbel-Anbieter und wir kauften einen modernen Bürostuhl. Drehbar, höhenverstellbar, bequem. Das Klagen ließ schnell nach und nun wissen wir auch aus eigener Erfahrung: Heimarbeit hat so ihre Tücken und die leichteren kann man durchaus mit einer beherzten Investition aus dem Weg räumen. Und wenn die Bedingungen stimmen, kann das Homeoffice viele Vorteile bieten und sowohl für den Mitarbeitenden als auch die Unternehmen großen Nutzen generieren. Homeoffice muss man aber auch lernen: die Chancen richtig ergreifen, aber auch die Vorteile der Büropräsenz erkennen.

Wir alle machen derzeit unsere Erfahrungen mit Küchentischen, Sofas oder auch mehr oder minder inspirierend ausgestatteten Arbeitsecken. Die wenigsten von uns verfügen über vernünftig bestückte Arbeitszimmer, die in punkto Möblierung, IT und vor allem Raumklima mit dem mithalten könnten, was uns moderne Büros bieten. Das WLAN streikt, der Laptop zuckelt und die Rufumleitung landet am Ende doch im Nirvana. Nicht alles ist mit gutem Willen und Geld zuhause lösbar.

Mix aus Arbeit und Kinderbetreuung

Schwieriger wird es, wenn kleine liebenswerte Störgrößen konzentriertes Arbeiten unmöglich machen. Ich habe den Kollegen mit zwei kleinen Kindern zuhause und einer in die Büroarbeitswelt entkommende Ehefrau nicht um seine heimische Arbeitssituation beneidet. Homeoffice in Kombination mit der Betreuung kleiner Kinder ist Schwerstarbeit und ich möchte an dieser Stelle allen Erziehenden mit kleinen Kindern im Homeoffice meinen Respekt aussprechen! Dass da überhaupt etwas Produktives entstanden ist, verdient wirklich Anerkennung. Homeoffice kann in einer solchen Konstellation nur funktionieren, wenn Arbeit und Kinderbetreuung klar getrennt werden können. In der jetzigen Notsituation durch geschlossene Kitas ist das eben nur ein Notnagel. Und dies ist gar nicht mal aus der Perspektive des Arbeitsgebers betrachtet, sondern eher aus Fürsorge für den Mitarbeitenden gemeint. Denn das Wechseln einer vollen Windel bedarf voller Konzentration und Zuneigung … und wer möchte schon zwischen diesen Elementen und schwierigen Jobfragen aufgerieben werden?

Homeoffice muss gelernt werden

Homeoffice ist also nicht per se die goldene Wahl für alle Arbeitsbereiche und alle Firmen. Die Hardware muss stimmen, weil sonst irgendwann der Rücken streikt und die Bedingungen für konzentriertes und produktives Arbeiten müssen ebenso vorhanden sein. Viele von uns lernen Homeoffice gerade. Und dazu gehört auch zu erkennen, dass man manches gut von zuhause erledigt und anderes wieder besser vom Büro aus gelingt. Es ist also keine Entweder-oder-Frage sondern ein Sowohl-als-auch-Statement.

Menschen suchen persönlichen Kontakt

Für das Büro spricht dieser wesentliche Aspekt: Wir Menschen brauchen den persönlichen Austausch. Und die Grenzen der Videokonferenz haben wir alle in den vergangenen Wochen kennengelernt. Auch wenn wir viele positive Erfahrungen in kooperativen digitalen Arbeiten gemacht haben, sind viele kreative Prozesse doch nur oder viel besser im konkreten gegenseitigen Erleben und eben miteinander Arbeiten möglich. Der spontane persönliche Kommentar zu einer Idee oder die kurze Skizze auf dem Entwurfsblatt bedarf des Kontaktes, der auch in 1,50 m Abstand sehr bereichert.

Corona hat uns gelehrt, das Homeoffice als ergänzendes Tool in unserem Arbeitsleben zu entdecken und einzusetzen. Lag die Corona bedingte Heimarbeitsquote in unserem Unternehmen zu Beginn der Krise bei 95 %, nur ein paar wackere hielten die Stellung im Büro, sinkt sie nun rapide und die meisten Kollegen und Kolleginnen kehren gerne in ihr BOB-Büro zurück: Mehr Austausch mit Menschen, schöneres Ambiente und perfektes Raumklima, besserer Kaffee. Eben: soziales Miteinander in einem Top-Umfeld, was ein Homeoffice keinesfalls bieten kann.

Homeoffice nutzt Work-Life-Balance

Die Erfahrung mit dem Homeoffice hat uns aber auch gezeigt, dass es durchaus Situationen gibt, in denen das Arbeiten zuhause ein wichtiger Baustein für die Work-Life-Balance sein kann. Es gibt sowohl beruflich als auch privat veranlasste Motive. So ist ein Mitarbeiter, der unter langen Pendelwegen leidet, durchaus motivierter, wenn er oder sie sich den Weg ab und zu sparen kann. Oder wir alle kennen den Handwerker, der seinen Besuch zwischen 7 und 19 Uhr ankündigt. Hier entstehen Zwangslagen, die man mit Homeoffice leicht auflösen kann. Und manch einer oder eine zieht es vor, sich für sehr konzentrierte Lese- oder Schreibarbeit an einen besonders stillen Ort zurückzuziehen. Hier kann das Homeoffice dann eine kluge Wahl sein.

Moderne Büros integrieren

Das Bürogebäude der Zukunft sollte das Nebeneinander von Büroarbeit und Homeoffice auffangen können. So kann ein Teil der Arbeitsplätze so gestaltet werden, dass sie für zeitweise abwesende Mitarbeitende nur Teilressourcen vorhalten. 10 bis 20 % konventionelle Bürofläche lassen sich durch ein solches Desksharing für manche Branchen sparen. Gleichzeitig ist es wichtig, die jeweils anfallenden Bedürfnisse und Tätigkeitsarten zu steuern und schlau miteinander zu kombinieren. So muss ein modernes Büro dazu in der Lage sein, sowohl Stillarbeit, agile Teamarbeit aber auch mal ein Privattelefonat zu ermöglichen.

Menschen, die viel im Homeoffice oder aber auch mobil beispielsweise im Vertrieb arbeiten, benötigen dennoch eine Basis am Unternehmenssitz. Da braucht man einen Spint oder eine Schublade, in denen Persönliches aufbewahrt werden kann. Vielleicht möchte man auch seine Spuren hinterlassen oder sich seine Umgebung individuell gestalten, möglicherweise sogar den eigenen Stuhl besetzen. Die Aufgabe von modernen Bürokonzepten ist es, die Welten der Büros und der Homeoffice-Arbeitswelt miteinander zu verzahnen.

In unserem Steuerungssystem BOB.i, das zu jeder BOB-Bürofläche gehört, wird künftig als Beispiel auch die Buchung von Desksharing-Bereichen möglich sein. Das Büro und das Homeoffice können sich so zu einem ineinander vernetzten System verbinden.

Die Qualität der Büros entscheidet

Letztendlich entscheidet derzeit aber auch die jeweilige Qualität der Büros darüber, ob wir wieder gerne ins Büro zurückkehren, um dort produktiv arbeiten zu können, oder eben nicht. Lärmende Klimaanlagen, überhitzte Büros, schlechte Luft oder dunkle enge Räume werden dem einen oder der anderen die Wahl leicht machen. Andererseits wird im Hochsommer ein Homeoffice mit einem Arbeitsplatz in einem überheizten Dachgeschoss für viele nicht akzeptabel sein.

Ich kann nur sagen: Ich freue ich mich auf den Sommer in unserem BOB: Angenehme Strahlungskühle und viel Tageslicht. Und wenn es dann kühler wird, ist dann auch die ein oder andere Stunde im Homeoffice auf dem neuen Stuhl die richtige Wahl. Damit ist die Frage von oben beantwortet.

BOB Gründer Dr. Bernhard Frohn, Vorstand

Über den Autor Dr. Bernhard Frohn

Schon früh beschäftigte sich Dr. Bernhard Frohn mit dem Unternehmersein. Nach dem Studium des Maschinenbaus an der RWTH Aachen promovierte er im Bereich Photovoltaik und machte sich sofort selbständig. Als Energieeffizienzberater für Bestandsimmobilien und Neubauten verdiente er das erste Geld. Durch den Bau des eigenen Bürogebäudes, dem Balanced Office Building in Aachen, lernte er die Faszination für Architektur aber auch die Komplexität bei dem Bau eines Bürogebäudes kennen. Denn hier spielen nicht nur Themen wie Technik, Gebäudeorganisation oder gar Bauabläufe eine Rolle. Es sind vor allem die Themen des Unternehmertums und der Gestaltung neuer Arbeitswelten, die für Bernhard Frohn aus einem scheinbar simplen Büro eine echte Herausforderung in einer digitalisierten Welt machen. Daher schreibt er auf diesem Blog über ein breites Spektrum an Themen und hat viel Freude daran, neue zu entdecken.